Persönlicher Eindruck
Schon beim ersten Blick auf das GX-900 fühlt man: Das ist kein bloßes „schickes Gravel-Bike“ fürs Feierabendrunde. Es strahlt eine kompromisslose Ambition aus – durch hochwertige Komponenten, durch ein Finish, das deutlich über dem Durchschnitt liegt, und durch eine Ausstattung, die zeigt, dass hier jemand kein halbes Maß nehmen wollte. Ich habe das Rad nicht selbst gefahren, aber allein die Spezifikation weckt Erwartungen: Wie es sich wohl anfühlt, damit auf Schotterpisten, bei Regen, bei Nacht unterwegs zu sein?
Ausstattung & technische Daten
Hier sind die wichtigsten technischen Daten des GX-900 (Modelljahr 2024):
- Rahmen: Stahlrahmen, 25 CrMo 4, doppelt konifiziert.
- Gabel: Columbus Futura Cross+, Carbon, 12×100 mm, Flatmount, tapered.
- Schaltung / Antrieb: Campagnolo Ekar, 1×13-Gang mit Clutch lock und Ultra-Shift Hebeln. Kassette 10-44 Zähne. Kurbel Carbon, 40 Zähne vorne.
- Bremsen: Scheibenbremsen Campagnolo Ekar, vorne und hinten mit je 160 mm, Flatmount.
- Beleuchtung & Dynamotechnik: SON 28 Nabendynamo vorne, Supernova E3 Pure 3 Scheinwerfer (205 Lumen, mit Standlicht), Rücklicht Supernova E3 Tail.
- Cockpit & Ausstattung: Ritchey WCS Komponenten, z. B. Lenker „Butano“ mit Flare 12°, Vorbau Ritchey C-220 WCS, Steuersatz Acros AZX-228. Sattel Brooks Carved C15 mit Carbon-Rails, Breite ca. 140 mm. Griffe Brooks Cambium.
- Laufräder, Räder, Reifen: Reifen Schwalbe G-One R, 45-622 (also etwa 45 mm Breite bei 28 Zoll), Naben vorne SON-Dynamo, hinten: Campagnolo / N3W, Centerlock, 32 Loch. Felgen z. B. Mavic CXP Pro 30.
- Gewicht und Belastbarkeit: ca. 11,4 kg Nettogewicht (je nach Rahmenhöhe), zulässiges Gesamtgewicht 120 kg.
- Rahmenhöhen: Diamant-Rahmen in 28 Zoll, Größen: 48, 51, 54, 57, 60 cm.
Negative Aspekte
Natürlich gibt es bei so viel Ausstattung auch Kompromisse. Hier sind einige Punkte, die man bedenken sollte:
- Kein Leichtgewicht: Mit ~11,4 kg ist das GX-900 in einem gewissen Segment solide, aber nicht ultraleicht. Im Vergleich zu einigen High-End-Carbon-Gravelbikes oder Bikes mit Minimalrahmen ist das Rahmenmaterial Stahl plus die Zusatzkomponenten (Beleuchtung, Dynamo, robuste Laufräder) spürbar schwerer. Das wirkt sich vor allem beim Steigungsverhalten und bei längeren Anstiegen negativ aus.
- Komplexität & Wartung: Komponenten wie der Ekar-Dynamo vorne, spezielle Lichtanlage, hochwertige WCS-Teile usw. verlangen mehr Pflege, ggf. Spezialwerkzeug oder Ersatzteile, die nicht in jedem kleinen Laden sofort verfügbar sind.
- Schaltgruppe 1×13 Limitationen: Während das 1×13-Setup viele Vorteile bietet (geringeres Gewicht bei Schaltkäfig, weniger Verhakungsgefahr, klare Linie), kann die Bandbreite in sehr steilen Anstiegen oder bei sehr schwerer Zuladung an ihre Grenzen stoßen. Die kleinste Kombination (hinten 44 Zähne) kann für manche Nutzer, vor allem mit Gepäck und auf langen Touren, etwas knapp sein.
- Komfort vs. Härte: Stahlrahmen bietet zwar Flex, aber nicht die Federung oder Dämpfung von manchen modernen Carbon-Rahmen oder Bikes mit Hinterbaudämpfung. Auf sehr ruppigen Wegen kann das spürbar sein.
Positive Eigenschaften (Stärken)
Und das, was mich richtig begeistert – die Pluspunkte des GX-900:
- Robuster Stahlrahmen: Der Rahmen aus 25 CrMo 4 Stahl, doppelt konifiziert, vermittelt sofort Vertrauen und Dauerhaftigkeit. Stahl hat den Ruf, auch bei widrigen Bedingungen (Feuchtigkeit, Schmutz, Belastung) widerstandsfähiger zu sein als viele alternative Materialien. Das gibt dem Bike etwas Ernsthaftes; es ist nicht nur Show, sondern gebaut, um zu halten und mitzumachen – auf langen Trips, Gravelabenteuern oder beim Pendeln über Mixed Terrain.
- Campagnolo Ekar Antrieb: Die Entscheidung für das 1×13 Ekar-Set zeigt sehr klar, dass das Rad auf Gravel optimiert ist. Gute Übersetzungsbandbreite, bewährte Schaltvorgänge, die Clutch hält die Kette durchaus stabil bei Schlägen. Dass vorne kein Umwerfer nötig ist, reduziert möglichen Ärger bei Schmutz, bei Rammen und beim Transport. Die Komponenten sind hochwertig verarbeitet und machen das Rad „auf dem Papier“ sehr leistungsfähig.
- SON-Nabendynamo & Supernova Beleuchtung: Für jemanden, der auch abends oder bei schlechten Lichtverhältnissen unterwegs ist, ist das ein unschätzbarer Vorteil. Der NABENDYNAMO von SON liefert zuverlässige Energieversorgung, und der Supernova E3 Pure 3 Scheinwerfer mit Standlicht sorgt für Sicherheit und Sichtbarkeit. Diese Ausstattung macht das Rad alltagstauglich nicht nur für Graveltouren am Tag, sondern auch für Pendeln, Nachtfahrten, Bikepacking mit frühen Startzeiten oder späte Rückkehr.
- Vielseitigkeit bei Komponenten & Ausstattung: Ritchey WCS Lenker/Vorbauten, Brooks Sattel, gute Reifenwahl mit Schwalbe G-One R 45-mm, vernünftige Bremsanlage, gute Reifenfreiheit. Der Rahmen bietet Ösen und Befestigungspunkte, sodass man Taschen, Schutzbleche, Zubehör nachrüsten kann. Damit deckt das Rad nicht nur die Sport-Seite ab, sondern auch Touren mit Gepäck, Unterkünfte oder Camping.
- Insgesamt hochwertige Ausstattung: Alles ist auf einem Niveau, das zeigt, dass man nicht überall sparen wollte: Carbon-Kurbeln, Carbon-Gabel, gute Bremsen, stabiles Licht, bewährte Komponenten. Für jemanden, der Qualität, Langlebigkeit und gute Teile schätzt, ist das ein großer Pluspunkt.
Fazit & Zielgruppen
Insgesamt halte ich das VSF Fahrradmanufaktur GX-900 (2024) für ein sehr starkes Gravelbike, das klare Prioritäten setzt: Robustheit, Qualität, Vielseitigkeit. Es ist kein Bike für Minimalisten, die bei jedem Gramm nachhängen, aber auch kein „Eimer mit Komponenten von der Stange“.
Für wen ist es geeignet?
- Fahrer*innen, die häufig auf gravelligem Untergrund unterwegs sind (Schotterpisten, Wirtschaftswege, Trails), aber auch auf Straßen und in wechselhaftem Terrain.
- Bikepacker oder Tourenfahrer, die nicht nur leicht, sondern auch zuverlässig ausgestattet sein wollen – mit Lichtanlage, Gepäckoptionen, guter Reichweite und Sicherheit.
- Pendler, die morgens oder abends unterwegs sind – die Licht- und Dynamoausstattung macht das Rad alltagstauglich.
- Leute, die Wert legen auf hochwertige Komponenten: wenn man Freude an guter Mechanik, soliden Teilen und durchdachter Geometrie hat, bietet das GX-900 viel.
- Radfahrer, denen Komfort und Langlebigkeit wichtiger sind als das letzte Quäntchen Gewicht – etwa für längere Touren, bei Wetter und in verschiedenen Jahreszeiten.
Für wen ist es weniger ideal?
- Fahrende, deren Priorität absolute Leichtgewichtigkeit ist, z. B. Racer oder Cyclocross-Wettkampffahrer.
- Menschen, die ein sehr enges Budget haben und für die sehr hochwertige Komponenten und Extras wie Licht und Dynamo unter Umständen überdimensioniert sind.
- Nutzer, die vor allem auf Asphalt schnelle Kilometer absitzen und wenig unbefestigte Wege befahren – da könnten leichtere Rennräder mit weniger Ausstattung effizienter sein.